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MAGAZIN 258 Phys. Unserer Zeit 5/2013 (44) www.phiuz.de © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim MOLGASTRONOMIE | Die inverse Mayo Mayonnaisen sind sogenannte Öl-in-Wasser-Emulsionen. Wässrige Flüssigkeiten sind die kontinuierliche, Öl die diskontinuierliche Phase. Aber auch inverse Emulsionen mit genau umgekehrten Phasen, wie eine Honig-in-Olivenöl-Creme, haben ihren Reiz. Der Schlüssel zum richtigen Emulgator ist deren Balance zwischen der Wasser- und Fettlöslichkeit. Mayonnaisen sind standfeste Cremes, gemixt aus Wasser, dem Emulgator Lecithin, Salz, Säure (Zitronen-, Limettensaft oder Essige) und reich- lich Öl (Physik in unserer Zeit 2004, 35(5), 250); versetzt mit Gewürzen nach Lust und Laune. Das Geheimnis der hohen Stabilität verbirgt sich hinter molekularen Eigenschaften des Emulgators. Phospholipide, wie Lecithin, besitzen einen stark polaren Kopf, der für eine gute Wasserlöslich- keit des Emulgators verantwortlich ist. Lecithin lässt sich daher gut in Wasser dispergieren. Für „inverse Mayonnaisen“ werden aber Emulgatoren benötigt, deren Öllöslichkeit überwiegt. Die Wahl fällt auf das Gemisch der Mono- und Diglyceride, die aus „Fettmolekü- len“ (Triacylglyceride) entstehen, wenn enzymatisch ein oder zwei Fettsäuren abgespalten werden. Der wasserslösliche Kopf besteht aus einer beziehungsweise zwei schwach polaren OH-Gruppen (Hydroxylgrup- pen) des Glycerins, die Öllöslichkeit der verbleibenden Fettsäuren über- wiegt. Mono-und Diglyceride können bei höheren Temperaturen im Öl gelöst werden und bilden darin je nach Konzentration kugel- oder wurmförmige Mizellen: Die hydro- philen Köpfchen werden durch die ins Öl ragenden Fettsäuren in die Mitte gepackt, um die Freie Energie zu minimieren. Die Löslichkeit von nicht ioni- schen, also elektrisch neutralen Emulgatoren wird durch verschiede- ne Faktoren bestimmt. Die Polarität der Kopfgruppe bestimmt die Was- serlöslichkeit, aber auch die Länge der Fettsäuren. Sind die Fettsäuren kurz, so ist die Wasserlöslichkeit höher. Die Fettlöslichkeit wird hingegen umso besser, je länger die Fettsäuren der Emulgatoren sind und je weniger polar und räumlich ausgedehnt die hydrophile Kopfgrup- pe sind. Eine genaue Vorhersage des thermodynamischen Verhaltens von Emulgatoren ist daher nur unter Berücksichtigung molekularer und chemischer Details zu treffen. Ein kulinarisches Beispiel für eine „inverse Emulsion“ ist eine Mayo aus Olivenöl, Honig sowie Mono- und Diglyceriden. Dazu werden 100 ml Olivenöl auf 60 °C erwärmt und etwa 2 g Emulgator darin gelöst. Unter tropfenweiser Zugabe von 40 g Honig und gleichzeitigem Abkühlen und Rühren bildet sich eine standfeste Emulsion: Zucker und Wasser des Honigs werden von dem Emulgator über Wasserstoffbrücken- bindungen eingeschlossen. Serviert in kleinen Tropfen aus Spritzfläsch- chen machen sich die süß-bitteren und fruchtigen Noten und die ölig cremige Textur bemerkbar, was sie beispielsweise neben hellem Fleisch auszeichnet. Bezugsquelle www.gourmantis.de Thomas Vilgis, MPI für Polymerforschung, Mainz Abb. Lecithin sowie Mono- und Diglyceride, rot: lipophil, blau: hydrophil. Honig wird von dem Emulgator in Tröpfchen eingeschlossen (stark vereinfacht dargestellt). Im Raum der Stille Die Übertragungsantennen moderner Satelliten reagieren empfindlich auf Störsig- nale, die zum Beispiel von Instrumenten im Innern des Satelliten selbst kommen können. Deshalb müssen sie vor dem Start eingehend unter kontrollierten Bedin- gungen getestet werden. Dies geschieht in der Compact Payload Test Range (CPTR) des Weltraumforschungs- und Technologiezentrums ESTEC der Europäischen Weltraumorganisation in Holland. Die CPTR ist ein großer Faradayscher Käfig, der die zu testende Antenne gegen äußere elektromagnetische Felder abschirmt. Gleichzeitig werden im Innern kontrolliert Signale erzeugt, wie sie im späteren Weltraumbetrieb zu erwarten sind. In der neuen CPTR können bis zu acht Meter große Antennen im Frequenzbereich von 0,4 bis 50 GHz getestet werden (www.esa.int/Our_Activities/Technology/Zone_of_silence). PHYSIK IM BILD |

Die inverse Mayo

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258 Phys. Unserer Zeit 5/2013 (44) www.phiuz.de © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

M O LG A S T RO N O M I E |Die inverse Mayo Mayonnaisen sind sogenannte Öl-in-Wasser-Emulsionen. WässrigeFlüssigkeiten sind die kontinuierliche, Öl die diskontinuierliche Phase.Aber auch inverse Emulsionen mit genau umgekehrten Phasen, wie eineHonig-in-Olivenöl-Creme, haben ihren Reiz. Der Schlüssel zum richtigenEmulgator ist deren Balance zwischen der Wasser- und Fettlöslichkeit.

Mayonnaisen sind standfeste Cremes,gemixt aus Wasser, dem EmulgatorLecithin, Salz, Säure (Zitronen-,Limettensaft oder Essige) und reich-lich Öl (Physik in unserer Zeit 2004,35(5), 250); versetzt mit Gewürzennach Lust und Laune. Das Geheimnisder hohen Stabilität verbirgt sichhinter molekularen Eigenschaften desEmulgators. Phospholipide, wieLecithin, besitzen einen stark polarenKopf, der für eine gute Wasserlöslich-keit des Emulgators verantwortlich

ist. Lecithin lässt sich daher gut inWasser dispergieren.

Für „inverse Mayonnaisen“werden aber Emulgatoren benötigt,deren Öllöslichkeit überwiegt. DieWahl fällt auf das Gemisch der Mono-und Diglyceride, die aus „Fettmolekü-len“ (Triacylglyceride) entstehen,wenn enzymatisch ein oder zweiFettsäuren abgespalten werden. Derwasserslösliche Kopf besteht auseiner beziehungsweise zwei schwachpolaren OH-Gruppen (Hydroxylgrup-pen) des Glycerins, die Öllöslichkeitder verbleibenden Fettsäuren über-wiegt. Mono-und Diglyceride könnenbei höheren Temperaturen im Ölgelöst werden und bilden darin jenach Konzentration kugel- oderwurmförmige Mizellen: Die hydro-philen Köpfchen werden durch dieins Öl ragenden Fettsäuren in dieMitte gepackt, um die Freie Energiezu minimieren.

Die Löslichkeit von nicht ioni-schen, also elektrisch neutralenEmulgatoren wird durch verschiede-ne Faktoren bestimmt. Die Polarität

der Kopfgruppe bestimmt die Was-serlöslichkeit, aber auch die Längeder Fettsäuren. Sind die Fettsäurenkurz, so ist die Wasserlöslichkeithöher. Die Fettlöslichkeit wirdhingegen umso besser, je länger dieFettsäuren der Emulgatoren sind undje weniger polar und räumlichausgedehnt die hydrophile Kopfgrup-pe sind. Eine genaue Vorhersage desthermodynamischen Verhaltens vonEmulgatoren ist daher nur unterBerücksichtigung molekularer undchemischer Details zu treffen.

Ein kulinarisches Beispiel für eine„inverse Emulsion“ ist eine Mayo ausOlivenöl, Honig sowie Mono- undDiglyceriden. Dazu werden 100 mlOlivenöl auf 60 °C erwärmt undetwa 2 g Emulgator darin gelöst.Unter tropfenweiser Zugabe von40 g Honig und gleichzeitigemAbkühlen und Rühren bildet sicheine standfeste Emulsion: Zucker undWasser des Honigs werden von demEmulgator über Wasserstoffbrücken-bindungen eingeschlossen. Serviertin kleinen Tropfen aus Spritzfläsch-chen machen sich die süß-bitterenund fruchtigen Noten und die öligcremige Textur bemerkbar, was siebeispielsweise neben hellem Fleischauszeichnet.

Bezugsquelle www.gourmantis.de

Thomas Vilgis, MPI für Polymerforschung, Mainz

Abb. Lecithin sowie Mono- und Diglyceride, rot: lipophil,blau: hydrophil. Honig wird von dem Emulgator in Tröpfcheneingeschlossen (stark vereinfacht dargestellt).

Im Raum der Stille Die Übertragungsantennen moderner Satelliten reagieren empfindlich auf Störsig-nale, die zum Beispiel von Instrumenten im Innern des Satelliten selbst kommenkönnen. Deshalb müssen sie vor dem Start eingehend unter kontrollierten Bedin-gungen getestet werden. Dies geschieht in der Compact Payload Test Range (CPTR)des Weltraumforschungs- und Technologiezentrums ESTEC der EuropäischenWeltraumorganisation in Holland. Die CPTR ist ein großer Faradayscher Käfig, derdie zu testende Antenne gegen äußere elektromagnetische Felder abschirmt.Gleichzeitig werden im Innern kontrolliert Signale erzeugt, wie sie im späterenWeltraumbetrieb zu erwarten sind. In der neuen CPTR können bis zu acht Metergroße Antennen im Frequenzbereich von 0,4 bis 50 GHz getestet werden(www.esa.int/Our_Activities/Technology/Zone_of_silence).

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